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Guter Rahmen für Forschung und Patientensicherheit

Gastbeitrag von BfS-Präsidentin Dr. Inge Paulini im Tagesspiegel Background Gesundheit & E-Health vom 12. März 2024. Die Bundesregierung hat am 27. März 2024 den Entwurf des neuen Medizinforschungsgesetzes beschlossen.

Das Medizinforschungsgesetz (MFG) unterstreicht den Stellenwert des Strahlenschutzes in der Medizin – zum Vorteil der Patientinnen und Patienten und des Studienstandortes Deutschland.

Portrait Dr. Inge Paulini Dr. Inge PauliniDr.Inge Paulini Quelle: Holger Kohl/ Bildkraftwerk

Das neue Medizinforschungsgesetz (MFG), dessen Entwurf seit Januar vorliegt, soll die Voraussetzungen für Forschung und Entwicklung, aber auch für Zulassungen in der Medizin optimieren. Es beinhaltet etliche Punkte, die die Rahmenbedingungen insbesondere für die Industrie verbessern würden und somit auch die Produktion von Medikamenten in Deutschland attraktiver machen sollen.

Einige dieser Punkte werden gerade kontrovers diskutiert. Die vorgesehenen Neuregelungen des MFG zum Strahlenschutz sehe ich in ihrer aktuellen Form als positiv für den Forschungsstandort Deutschland, denn sie bilden einen guten Rahmen für Wissenschaft und Patientensicherheit. Sie vereinfachen zum Beispiel das Organisieren und Durchführen von klinischen Studien hierzulande, ohne dass Standards für Patientensicherheit angegriffen würden.

Wenig Verständnis habe ich allerdings für einzelne Forderungen aus der Pharmabranche, Genehmigungsverfahren im Strahlenschutzbereich vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) weg auf fachfremde Stellen zu verlagern. An dieser Stelle über Maximalforderungen der Industrie, namentlich des Verbandes der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) zu sprechen, anstatt über sinnvolle und effiziente Beschleunigung, ist weder im Sinne von Patientinnen und Patienten noch einer nachhaltigen Strahlenforschung in der Medizin.

Die geplanten Neuregelungen zum Strahlenschutz für klinische Studien, bei denen ionisierende, also besonders energiereiche Strahlung eingesetzt wird, bieten dagegen einen guten Rahmen.

Bisher gibt es nach dem Strahlenschutzgesetz zwei unterschiedliche Verfahren: das Anzeige- und das Genehmigungsverfahren. Das MFG beinhaltet eine Reform der Anzeigeverfahren. Anzeigeverfahren sind etwa dann notwendig, wenn in Studien zur Erprobung neuer Krebstherapien CT-Untersuchungen von Studienteilnehmer*innen häufiger benötigt werden, als es sonst im Rahmen der Behandlung üblich ist – zum Beispiel für die Kontrolle eines möglichen therapeutischen Effektes. Das MFG sieht vor, dass deren Bewertung künftig im Rahmen der Prüfung der eigentlichen klinischen Studie erfolgt und vom Bundesamt für Strahlenschutz an die Ethikkommissionen übergeht, wie wir es auch seit Längerem vorgeschlagen haben.

Für die Forschenden ist diese Bündelung der Zuständigkeiten eine klare Vereinfachung des Verfahrens. Für den Strahlenschutz bedeutet es effizientere Bearbeitung, weil die Ethikkommissionen ohnehin in die Gesamtbeurteilung der Forschungsvorhaben eingebunden sind und Doppelprüfungen somit zukünftig vermieden werden können. Aktuell machen Anzeigeverfahren etwa 85 % der insgesamt 600 Verfahren aus, die das BfS im Zusammenhang mit klinischen Studien pro Jahr bearbeitet.

Viele dieser anzeigepflichtigen Studien kommen aus dem Bereich der Onkologie. Dieser Bereich ist für die Pharmaindustrie besonders relevant: 2022 hatte etwa ein Drittel aller registrierten Studien der forschenden Pharmaindustrie in Deutschland einen onkologischen Bezug.

Vertreter aus Industrie und Forschung haben die Verschlankung des Prozesses im Entwurf des MFG bereits lobend herausgehoben. Diesem Lob kann auch ich mich nur anschließen. Der Gesetzentwurf setzt mit diesem Reformansatz auch einen Weg fort, der bereits im Jahr 2018 eingeschlagen wurde. Damals trat das "Gesetz zur Neuordnung des Rechts zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung" in Kraft. Dieses neue Strahlenschutzgesetz führte unter anderem Fristen für das Anzeige- bzw. Genehmigungsverfahren für klinische Studien mit ionisierender Strahlung ein.

Symbolbild für eine elektronische Akte E-AkteFortschritte beim Bürokratieabbau Quelle: Suelzengenappel/Stock.adobe.com

Obwohl die Zahl der Ersteinreichungen klinischer Studien seit Inkrafttreten des Strahlenschutzgesetzes um 65% zunahm und durch die neuen Fristen deutlich weniger Bearbeitungszeit zur Verfügung stand, musste das BfS die Option einer Fristverlängerung nur drei Mal in Anspruch nehmen.

Von der nun geplanten Änderung bei den Anzeigeverfahren profitiert nicht nur die Forschung, sondern es profitieren auch Menschen, die künftig an klinischen Studien teilnehmen werden.

Besonders wichtig ist, dass die für den Strahlenschutz zentralen Genehmigungsverfahren für klinische Studien beim BfS erhalten bleiben.

Eine Genehmigung von Studien ist zum Beispiel dann erforderlich, wenn es um neue therapeutische Verfahren in der Nuklearmedizin oder Strahlentherapie geht oder wenn neue Radiopharmaka erprobt werden sollen, also Arzneimittel, die radioaktive Substanzen enthalten. Hochqualifizierte Fachkräfte unserer Behörde, wie etwa Nuklearmediziner, prüfen dann, ob beispielsweise schwere unerwünschte Wirkungen der Radiopharmaka für Patientinnen und Patienten, die an den Studien teilnehmen, durch manchmal vergleichsweise einfache Protokolländerungen reduziert werden können.

Dazu wird die gesamte im BfS vorhandene Expertise auf den Gebieten des Studiendesigns, der Strahlenbiologie und der Dosimetrie genutzt. Bei solchen klinischen Studien ist Strahlenschutz gleichbedeutend mit Patientenschutz – denn es geht unmittelbar um die Sicherheit der Studienteilnehmer*innen. Das BfS bündelt die Fachkompetenz im Strahlenschutz, um Fortschritte in der Strahlenforschung zu bewerten und die Anwendung in der Medizin sicher zu gestalten. Die weitere Verkürzung und Angleichung der Fristen für klinische Prüfungen tragen zur Harmonisierung der Verfahren in Europa bei.

Die Frage, wie man in Zukunft mehr Menschen für die Teilnahme an klinischen Studien gewinnen kann, zählt schon heute zu den großen Herausforderungen der Pharmaforschung. Vertrauen ist in diesem Kontext ein hohes Gut. Das Medizinforschungsgesetz unterstreicht die Bedeutung und den Stellenwert des Strahlenschutzes in der Medizin – zum Vorteil der Patientinnen und Patienten und des gesamten Studienstandortes Deutschland.

Stand: 27.03.2024

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